Ausstellung Entartete Musik
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Version vom 14. Juni 2021, 20:42 Uhr von Pollmann (Diskussion | Beiträge)
Die Düsseldorfer Ausstellung Entartete Musik begann am 24. Mai 1938, dem dritten Tag der Reichsmusiktage in Düsseldorf im Kunstpalast am Ehrenhof und entstand auf Initiative des Weimarer Intendanten Hans Severus Ziegler. Beraten wurde dieser durch Paul Sixt (GMD) und Otto zur Nedden (Dramaturg). Um auf die Veranstaltung Einfluss nehmen zu können, beauftragte Alfred Rosenberg den Musikwissenschaftler Friedrich Brand als Unterstützer bei der Vorbereitung. Die Schau ist in Anlehnung an die Münchener Ausstellung Entartete Kunst vom Juli 1937 entstanden, die, von Hitler initiiert, staatsfeindliche Malere und Bildhauer brandmarkte. Die Brisanz war geringer, da die Musik inzwischen bereits mit Aufführungsverboten belegt worden war. Vorgeführt wurden Komponisten wie Arnold Schönberg, Kurt Weill, Paul Hindemith, Igor Stravinsky, Hanns Eisler, Alban Berg, Josef Matthias Hauer, Anton Webern u.a., aber auch Theoretiker und der Musikbetrieb der Ära Kerstenberg. Entartete Musik erklang auf Schallplatten in eigens angefertigten ‚Telefonboxen‘. Die Reaktion auf die Ausstellung in der Presse war eher verhalten. Friedrich Blume hielt sie für „dilettantisch“ (Dümling 2015, 102), Peter Raabe sprach von "verfehlt" und „Unfug“ (Okrassa 2004, 307ff.) und der Frankfurter Staatsrat Friedrich Krebs kritisierte die Schau mutig als „Angriff der Minderwertigen“ (Dümling 1993, 199). Der Zustrom war geringer als erwartet, so dass die Ausstellung bereit am 14. Juni vorzeitig geschlossen wurde und u.a. nach Weimar wanderte. Die provokante Reaktion Bela Bartóks, der nicht erwähnt worden war, überraschte. Er forderte, in den ‚Kreis der Entarteten‘ aufgenommen zu werden.
Albrecht Dümling stellte 1988 eine "kommentierte Rekonstruktion" der Ausstellung zusammen, die bislang europaweit präsentiert und 2007 in der vierten Auflage weiterentwickelt wurde.
Verwendete Literatur:
Dümling, Albrecht und Peter Girth (Hg.): Entartete Musik. Dokumentation und Kommentar zur Düsseldorfer Ausstellung von 1938, Düsseldorf 31993 [1988]
Dümling, Albrecht (Hg.): Das verdächtige Saxophon. "Entartete Musik" im NS-Staat – Dokumentation und Kommentar, Düsseldorf 52015
Dümling, Albrecht: Entartete Musik (Ausstellung 1938), in: Benz, Wolfgang (Hg.): Literatur, Film, Theater und Kunst (= Handbuch des Antisemitismus. Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart, Bd. 7), Berlin 2015, 101-103
John, Eckhard: Musikbolschewismus – Die Politisierung der Musik in Deutschland 1918-1938, Freiburg i. Br. 1994, 368–381
Okrassa, Nina: Peter Raabe – Dirigent, Musikschriftsteller und Präsident der Reichsmusikkammer (1872-1945) Köln 2004, 270–322
Prieberg, Fred K.: Musik im NS-Staat, Frankfurt a.M. 1982
Prieberg, Fred K.: Handbuch deutscher Musiker 1933-1945 (CD-ROM Version 1.2), Auprès des Zombry, 2005, 7967–7978
Empfohlene Zitierweise
Joachim Pollmann, Artikel “Ausstellung Entartete Musik“, in: Kollaborateure – Involvierte – Profiteure. Musik in der NS-Zeit, hrsg. von Rebecca Grotjahn, Universität Paderborn / Hochschule für Musik Detmold, 2019. URL: https://kollaborateure-involvierte-profiteure.uni-paderborn.de/index.php/Ausstellung_Entartete_Musik